Friday, March 18, 2011

Nicht nur falsch, sondern...

... ein Schlag ins Gesicht vieler Opfer von nuklearen Unfaellen kommt von Ann Coulter. Ob es nun die typische amerikanische Ignoranz ist oder schlichtweg Dummheit, dieser Artikel von ihr bedarf Aufklaerung.

Coulter behauptet allen Ernstes, das erhoehte radioaktive Strahlung das Krebsrisiko senkt und nimmt direkten Bezug auf das, was gerade in Japan passiert. Die Dame (und hier nehme ich gerne die Gleichsetzung von Dame und daemlich in Kauf) ist bekannt fuer provokanten, reaktionaeren Unsinn, aber hier geht sie (mal wieder) entschieden zu weit.

Um was geht es?

Es gibt ein Dosierungsabhaengiges Phaenomen, dass sich Hormosis nennt. Wenn ein Organismus einer toxischen Substanz (oder Strahlung) ausgesetzt wird, zeigt sich bei sehr geringen Dosierungen ein Rueckgang der Vergiftungserscheinungen bzw. eine Umkehrung der Schaedigung. Erhoeht man die Dosis, kippt das Ganze schnell in Richtung der zu erwartenden schaedigenden Einfluesse. Man nimmt an, dass bestimmte zellulaere Prozesse dafuer verantwortlich sind, die beim ersten Kontakt mit dem Gift so stark hochreguliert werden, dass sie ueberkompensieren, d.h. sprichwoertlich zu viel des Guten tun. Das ist natuerlich schnell vorbei, wenn die Vergiftung laenger anhaelt oder die Dosis sich erhoeht.

Soweit das Fuenkchen Wahrheit, das in Coulter's Argumentation steckt.

Machen wir uns aber mal eines klar: Radioaktive Strahlung ist gefaehrlich! Daran zweifelt auch kein vernuenftiger Mensch. Sie schaedigt DNA und kann sogenannte freie Radikale erzeugen, die wiederum Zellen beschaedigen. Zellen besitzen allerdings Reparaturmechanismen, die angeschaltet oder verstaerkt werden koennen, was zu einem positiven Effekt fuehrt. Ist die Strahlendosis sehr gering, kann dieser Reparaturmechanismus mehr reparieren, als durch die Strahlung geschaedigt wurde. Das ist aber auch alles.

Wenn aber nun jemand behauptet, dass die Menschen in Japan nun ein geringeres Krebsrisiko zu erwarten haetten oder das in Tschernobyl ausser den Arbeitern am Kraftwerk keine Krebstoten zu beklagen seien, dann luegt er. Im Uebrigen sind einige der Zahlen in diesem Artikel falsch oder im falschen Zusammenhang zitiert.

Ein Kollege von mir hat versucht zu verdeutlichen wie bescheuert die ganze Hormosis-Argumentation in diesem Falle ist:
Wenn wir auf einer Strasse im Winter Auto fahren und eine eis-glatte Stelle bemerken, aendern wir unsere Fahrweise. Wir werden vorsichtiger, langsamer und reduzieren so das Risiko einen Unfall zu haben. Niemand wuerde nun behaupten, dass Eis auf der Strasse das Unfallrisiko senkt. Wenn man Ann Coulter's Argumentation auf dieses Beispiel uebertraegt, muessten wir die Strassen im Winter waessern, um Unfaelle zu vermeiden.

Was mich daran so aufregt?

Mal abgesehen davon, dass eine Anwaeltin so einen wissenschaftlichen Unsinn verzapfen darf und damit nicht gerade wenige Menschen erreicht, die ihr alles glauben, gibt es da noch den Respekt vor den Opfern solcher Katastrophen wie in Tschernobyl und den Menschen in Japan, die im Augenblick nur hoffen koennen, dass alles nochmal gut geht. Wie sagte Dieter Nuhr mal so schoen? "Einfach mal die Fresse halten!" Das gilt auch fuer Frau Coulter.

Aber was soll man erwarten von so manchen Amerikanern? Am Tag des Erdbebens haben einige meiner Nachbarn im Sueden gezeigt, dass es noch zynischer und schlimmer geht.

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