Als wir vor 6 Jahren hier ankamen standen uns ein paar zum Teil unangenehme Ueberraschungen in Sachen Autofahren bevor. Leider hatten wir uns teilweise auf einen Ratgeber zum Thema Auswandern nach Kanada verlassen. In Sachen Versicherung lag dieser sehr zu unserem Aerger voellig daneben.
Das Beste ist wohl Punkt fuer Punkt die Unterschiede durchzugehen. Nur fuer den Fall, dass jemand herkommen und hier leben moechte.
(1) Der Fuehrerschein
Eine beruhigende Tasache vorweg - wer seinen Fuehrerschein in Deutschland fuer teures Geld gemacht hat, braucht keine Bedenken zu haben. Hier ist keine Pruefung mehr noetig. Fuers erste tut es ein internationaler Fuehrerschein. Mit dem kann man erstmal 60 Tage erumfahren bevor es noetig wird ihn gegen einen der jeweiligen Provinz einzutauschen. Man beachte: Eintauschen. Der deutsche wird einem abgenommen und dafuer bekommt man einen hiesigen.
Wer noch keinen Fuehrerschein haben sollte, der kann sich freuen. Hier kostet er wesentlich weniger was hautpsaechlich daran liegt, dass Fahrschule keine Pflicht ist. Ab 16 Jahren darf man einen Theorie-Test machen und wenn man den besteht sofort mit einer sogenanten G1-Lizenz fahren, allerdings immer in Begleitung eines Halters eines G-Fuehrerscheines (meist die Eltern). Nach einem Jahr gibt es einen Fahrtest mit dem man zur G2-Lizenz aufsteigen kann. Ab da geht es dann ohne Begleitung, aber mit einigen Einschraenkungen. Der Spass kostet insgesamt etwa 100 Euro. Nach einem weiteren Jahr kann man den letzten Fahrtest fuer weitere 60 Euro machen und man hat den normalen Fuehrerschein. Fahrschulen gibt es hier auch, aber nicht so viele haben sie jemals besucht. Wer Fahrtraining macht kann allerdings die 12 Monate Wartezeit verkuerzen und hat grosse Vorteile bei Versicherungen.
(2) Versicherung
Hier gilt fuer den Einwanderer eine goldene Regel: Egal wie erfahren man ist und wie lange man in Deutschland unfallfrei gefahren ist - ES ZAEHLT NICHT! Der oben erwaehnte Ratgeber empfahl uns ein Schreiben von der Versicherung in Deutschland, um die Fahrerfahrung etc. zu dokumentieren. Wir haben es sogar als Uebersetzung vorgelegt. Das kuemmerte keinen. Man wird genauso wie ein 16-jaehriger uebermuetiger Fahranfaenger eingestuft. Warum das so schlimm ist? Nun, hier kostet die Versicherung mehr als in Deutschland. Mit 200 Euro im Monat kommt man gut weg. Die ersten Angebote, mit der meine Frau geschockt wurde, lagen bei Minimum 300 Euro monatlich. Inzwischen sind wir runter auf etwa 120 Euro und das ist ziemlich gut. Hier wie in Deutschland gilt - Angebote einholen, Versicherungs-Shopping ist alles.
(3) KFZ Steuer
Gibt's nicht! Nur eine Lizenzgebuehr fuers Nummernschild, die alle 2 Jahre faellig wird (56 Euro).
(4) TUEV
Gibt's nicht! So sehen auch einige Karren aus.
(5) Abgastest
Sowas gibt es tatsaechlich, aber es ist etwas merkwuerig. In Ontario muss man alle zwei Jahre zum Test. Kostet 30 Euro und besteht man ist alles paletti. Faellt man durch, muss man in die Werkstatt. Und nun wird es seltsam. Kann man nachweisen, das eine Reparatur ueber 350 Euro kosten wuerde bekommt man eine bedingte Bescheinigung und alles ist ebenfalls paletti. Mal abgesehen von den 100 Euro, die das kostet. Liegt die Schaetzung unter den 350 Euro hilft alles nix. Man muss die Reparatur machen lassen und darf weiterfahren. Kann also teuer werden. Aber auch hier gilt, kurz vorm Test mal richtig guten Supersprit tanken (hohe Oktanzahl) und uebertourig fahren - hilft manchmal Wunder :-)
(6) Spritpreise
Ich traue mich ja gar nicht es auszusprechen, aber heute (25 Oktober 2012) kostete der Liter Normalbenzin umgerechnet 90 Cent. Vor einer Woche waren wir noch bei etwa einem Euro, d.h. es gibt hier einige Schwankungen der Preise und - ja glaubt es mir ruhig - Preise gehen hier oft auch wieder runter. Das war fuehr mich eine voellig neue Erfahrung.
Was das Fahren hier betrifft, geht es hier um einiges entspannter zu. Allerdings sind die Kanadier oft ziemlich unsicher, was wohl eben an der mangelnden Ausbildung liegt. Ich haette Bedenken sie so ohne weiteres in Deutschland auf die Autobahn zu lassen. Ueberdies koennen die Wenigsten mit Schaltgetrieben umgehen. Hier hat Automatik Vorrang, obwohl da ein Umdenken zu erkennen ist. Autos mit Schaltgetriebe sind billiger in Anschaffung und beim Spritverbrauch.
Noch eine Sache, die uns zunaechst merkwuerdig erschien. Der normale Kanadier, sofern er er sich leisten kann, laesst seinen Tank nie weniger als halbleer werden. Das hat mit dem langen, kalten Winter und den grossen Entfernungen hier zu tun. Sollte man stecken bleiben, kann man den Motor fuer die Heizung laufen lassen. Wer hier auf dem Land stehen bleibt, kann nicht erwarten innerhalb weniger Minuten aufgegabelt zu werden und der Winter kann mitunter bitterkalt werden. Eine Tankfuellung kann also in manchen laendlichen Gegenden ueberlebenswichtig werden.